Ich weiß gar nicht, wie oft ich schon über Tubeless geschrieben habe. Diskutiert wird ja auch immer viel, leider gibt es überhaupt keinen Konsens. Noch immer sind die Fronten verhärtetet – vor allem das „alte Lager“ gibt sich unflexibel und euphemistisch.
Dabei sehe ich gerade dieser Tage immer wieder Bilder von Leuten – aus eben diesem Lager -, die ihre Laufräder ausbauen und mit Schläuchen hantieren (besonders nervig in Herbst und Winter). Auch ich bin 25 Jahre lang Räder mit tubes (also Schläuchen) gefahren, schlicht und ergreifend, weil ich kein anderes System kannte. Aber im Jahr 2022 muss das eigentlich nicht mehr sein.
Niemand hat gerne einen Platten
Um eins gleich vorweg zu nehmen, die Zweifler haben natürlich Recht: Das perfekte und zu 100% sichere System ist Tubeless auch nicht. Wir fahren ja schließlich draußen und können nie wissen, welcher Belag hinter der nächsten Ecke lauert.
Aber die letzten drei Jahre hatte ich so gut wie gar keine Reifenpannen. Ich bin jetzt seit Mitte 2019 tubeless unterwegs und habe mehrfach große Distanzen am Stück zurückgelegt. Mein Vertrauen in diese tolle Technologie ist sehr groß. Welches Interesse sollte ich auch haben, mich einer unnötigen Gefahr auszusetzen? Und einen Platten hat niemand gerne.
Zeit also für einen Blick auf die Details und endlich auch ein wenig Dokumentation.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Häufige Fehler und mögliche Schwachstellen
Runter mit dem Druck!
Immer wieder höre ich von Leuten Aussagen wie „diesen Schweinkram tue ich mir nicht nochmal an.“ Oder: „Die Milch spritzte nur so durch die Gegend, dann lieber Schläuche…“
Tja, was soll ich sagen. Ein bisschen muss man sich eben schon mit dem Kram beschäftigen. Ich bin sehr sicher, dass oben genanntes Szenario nur auftreten kann, wenn man mit viel zu hohen Reifendruck unterwegs ist.
Die Milch macht’s.
Was ich selbst festgestellen musste: Es ist nicht gut, wenn man keine oder zu wenig Dichtmilch drin hat. Vor allem über den Sommer vergisst man leicht das Nachfüllen.
Und es ist suboptimal, wenn man verschiedene Dichtmittel miteinander mischt. Sprich: Wenn ich einmal Muc-Off drin hab, sollte ich auch wieder Muc-Off reinmachen. Ansonsten kommt es zu ungewollten chemischen Reaktionen, die Milch flockt und tut nicht mehr das, was sie eigentlich tun sollte.
Krummes Ventil
Auf Mallorca hatte ich das Problem, dass das Hinterrad trotz genug Milch immer wieder Luft verloren hat. Wie wir dann herausgefunden haben, war es der Ventileinsatz, der sich durch den schweren Kopf der Standpumpe verbogen hatte. Neues Innenventil rein und schon war das Rad dicht und bereit für die Mallorca 312.
Aufbau des Setups am Beispiel eines 28mm Reifen
Benötigt werden
- Tubeless Reifen (z.B. Conti, Schwalbe, etc.)
- Laufrad, das im besten Fall tubeless-ready ist
- Tubeless-Felgenband (nur bei Umrüstung oder wenn das Felgenband beschädigt ist)
- Tubeless-Ventil (z.B. von DT, Muc-Off oder KMC)
- Dichtmilch (z.B. Muc-Off No Puncture Hassle, Stan’s NoTubes Tire Sealant, Schwalbe Doc Blue oder TUFO Dichtgel)
- Spülmittel oder Montagefluid (z.B. Schwalbe Easy Fit)
- Standpumpe mit Manometer
- Ein Tuch zum Putzen
- Ein bisschen Geduld, falls es nicht sofort klappt. 🙂
Werkzeug für unterwegs – best practice
Radfahrer sind in der Regel faul und eher Gewohnheitstiere. Wir wollen uns nicht vor jeder Ausfahrt Gedanken machen, was wir für den Notfall mitnehmen (müssten). Ich habe mir daher ein paar essentielle Dinge zusammengestellt, die wenig Platz wegnehmen und relativ universell sind.
- Mittleres Multitool mit Kettennieter
- Solide Pumpe mit Aufnahme für CO2-Katuschen
- 50ml-Fläschchen mit Dichtmilch
- Breite Reifenheber, 2 Stück (könnte man eigentlich auch noch weglassen. )
- Ventilaufsatz für die Tankstelle (Schrader)
- Ventilschlüssel
- Ersatzventil (Einsatz)
- Kettenschloss, 12-fach/11-fach
- Passt alles in diese Werkzeugflasche oder natürlich in eine Tasche
Vor allem soll dieses Werkzeug ja helfen und eine große Bandbreite möglicher Fälle abdecken. Ich stelle mit dann immer ein paar Fragen.
- Was nützt mir der Notschlauch, wenn ich zuerst das ganze Laufrad umrüsten müsste und ich Gefahr liefe, noch einen Durchschlag zu riskieren?
- Was nützt das Kettenschloss, wenn ich die Kette nach einem Riss nicht begradigen kann?
- Was nützt das Ersatzventil, wenn ich das alte nicht rausbekomme?
Technische Defekte passieren ja auch nicht immer bei 20 Grad und Sonnenschein. Daher gilt es in erster Linie, Pannenrisiken zu minimieren. Und in zweiter Instanz: Die Reparaturwahrscheinlichkeit so hoch wie möglich zu setzen.